Olaf Bösselmann (November 2018)
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Unser Team-Betreuer Olaf Bösselmann ist seit der Geburt des Vereines dabei und hat den kompletten Aufstieg von der Kreisliga bis zur Regionalliga miterlebt. Was sich für ihn in den 15 Jahren geändert hat, verrät er uns in unserem Interview des Monats. Zudem konnten wir ihm einige spannende Geschichten entlocken, die nur den wenigsten bekannt sind. Er erzählt von dem größten und prägendsten Erlebnis seiner Fußballzeit, wie er den Wechsel der Fußball-Abteilung vom 1.SC Norderstedt zu Eintracht Norderstedt erlebt hat, welche Aufgaben er neben dem Team-Betreuer noch macht und bringt Licht ins Dunkel, warum viele Mannschaften den Schritt von der Oberliga in die Regionalliga nicht wagen wollen oder können. Zudem berichtet er über den Sommer 2013, als wir kurzfristig in die Aufstiegrunde zur Regionalliga eingezogen und sensationell aufgestiegen sind und warum wir einige organisatorische Probleme, die andere Vereine in Sachen Aufstieg haben, nicht hatten und hält ein Plädoyer für den Amateur-Fußball.
EN: „Moin Olaf, magst du uns verraten, wer du bist und was du so machst?“
OB: „Ich bin 53 Jahre alt, seit kurzer Zeit glücklich verheiratet und so ein bißchen eine graue Eminenz hier. Ich habe keine Lust, in der Öffentlichkeit zu stehen und in der Öffentlichkeit groß gepriesen zu werden… Ich gehöre mittlerweile zum Inventar des Vereins und solange ich Spaß und Freude an meiner Aufgabe habe, werde ich dem Verein auch treu bleiben und mich hier weiter einbringen. Neben dem Fußball habe ich natürlich auch noch ein Privatleben, ich arbeite als kaufmännischer Angestellter bei der Firma Plambeck. Das ermöglicht mir natürlich auch gewisse Freiheiten für Eintracht. Denn wenn der Arbeitgeber da nicht mitspielen würde, wäre das alles absolut nicht machbar. Dazu gibt es natürlich noch die Familie. Die Zeiten müssen wir uns gut einteilen, unter der Woche und an einem Tag am Wochenende, denn der andere Tag am Wochenende geht zu 90% für Eintracht drauf.“
EN: „Bei Eintracht bist du hauptsächlich erstmal Team-Betreuer. Was sind da deine Aufgaben?“
OB: „Ich kümmere mich darum, das Drumherum für die Mannschaft so leicht und angenehm wie möglich zu gestalten. Natürlich immer in Absprache mit dem Trainer. Aber es liegt zum Beispiel in meinen Händen, dass der Bus rechtzeitig da ist und die Mannschaft rechtzeitig von A nach B kommt.“
EN: „Du bist dann auch derjenige, der mit der gegnerischen Mannschaft Kontakt hat? Gerade wenn man so an Terminabstimmung im ODDSET-Pokal denkt?“
OB: „Da habe ich auch meine Finger mit drin, klar. Wir spielen ja fast immer auswärts, von daher ist es meine Aufgabe, die gegnerische Mannschaft anzusprechen. Wobei wir nicht viel Mitspracherecht haben. Der Heimverein gibt den Termin im Rahmen der vom HFV vorgesehenen Termine vor. Wir können natürlich Wünsche äußern und hoffen, dass die uns entgegenkommen. Aber wenn die das nicht wollen, haben wir nicht viel Chancen. Von daher ist das Thema relativ entspannt, ich habe da so gut wie nichts zu tun.“
EN: „Über den Team-Betreuer hinaus, hast du ja noch die ein oder andere weitere Aufgabe hier…“
OB: „Über den Team-Betreuer hinaus bin ich auch noch Sicherheitsbeauftragter und kümmere mich um die Organisation der Heimspieltage.“
EN: „Das heißt zum Beispiel, du organisierst…“
OB: „… den Ordnungsdienst, die Polizei, Kassenbetrieb solche Sachen. Eigentlich geht jeder organisatorische Pups, der an den Spieltagen passiert, durch meine Hände. Außer den Platzaufbau, das erledigt unser Platzwart Olli Schaper.“
EN: „Wie hoch ist der Zeitaufwand für dich?“
OB: „Da kommen einige Stunden zusammen. Du kannst rechnen, dass ich pro Spieltag 8-10 Stunden im Einsatz bin. Unter der Woche kommt natürlich auch das ein oder andere zusammen, wobei ich schon versuche, da so wenig wie möglich zu machen und mich aufs Wochenende zu konzentrieren, was Fußball angeht.“
„Ich bin seit knapp 45 Jahren dabei“
EN: „Hast du mal selbst aktiv Fußball gespielt?“
OB: „Ich habe bis zu den Alten Herren gespielt, ja. Ich habe hier in der Bezirksliga gespielt, ich war in der U21 Kapitän und habe die Jugend durchlaufen. Das war allerdings natürlich alles noch beim 1.SC Norderstedt damals. Bei Eintracht selbst habe ich noch ein Jahr Alte Herren gespielt und dann aufgehört, weil die Knochen es nicht mehr mitgemacht haben und die Zeit auch einfach nicht mehr da war.“
EN: „Das heißt, du bist mit dem Verein schon aufgewachsen, bevor es ihn gab?“
OB: „Mit SCN-Zeiten bin ich jetzt knappe 45 Jahre dabei. Ich habe zwischenzeitlich bei TuRa Harksheide Alte Herren gespielt, aber da hat die Zeit irgendwann nicht mehr gereicht. Mein Herz schlägt dafür auch zu sehr für Norderstedt.“
EN: „Wie bist du nach dem Ende deiner aktiven Karriere in Arbeit hinter den Kulissen reingerutscht?“
OB: „Ich war dadurch, dass ich beim SCN schon so ewig dabei war, bekannt wie ein bunter Hund und dann hieß es halt „Olaf, mach mal“ als sie jemanden gesucht haben, der die Interessen der Fußballer im Verein vertritt. Und da habe ich mich dann breitschlagen lassen, weil kein anderer da war und es ja irgendwie weitergehen musste.“
EN: „Und dann hieß es irgendwann, für die Fußballer geht es beim SCN nicht weiter.“
OB: „Ich war zu der Zeit beim 1.SC Norderstedt seit drei oder vier Jahren Fußball-Obmann. Sprich: ich war zuständig für die gesamte Fußballabteilung. Und dann mussten wir einen Weg finden, wie es für die Fußballer weitergeht.“
EN: „Dann hast du als Fußball-Obmann auf SCN-Seite den Weg bereitet, dass die Fußballer den Weg zu Eintracht gefunden haben?“
OB: „Am Ende ja. Es hätte aber auch anders laufen können. Es gab ja zwei Parteien, die um die Fußballer des SCN geworben habe, neben Eintracht war das noch der 1. Norderstedter FC. Beide sind bei mir in meiner Funktion als Fußball-Obmann vorstellig geworden und wollten die Fußballer gerne übernehmen. Am Ende haben wir uns dann für die Seite von Eintracht entschieden. Da Horst Plambeck, dem ich viel zu verdanken habe, bei Eintracht mit drin war, fiel mir die Entscheidung nicht schwer, so dass wir uns als Fußball-Abteilung entschieden haben, zu Eintracht Norderstedt zu gehen.“
EN: „Du hast also die Entstehung von Eintracht Norderstedt von der anderen Seite mit eingetütet?“
OB: „Ich habe mit meiner Fußball-Abteilung damals verhandelt. Ich habe ihnen den Vorschlag unterbreitet, mit der Abteilung zu Eintracht Norderstedt zu gehen und dem Konzept, dass uns die damalige Führungsriege von Eintracht Norderstedt vorgelegt hat, zu folgen. Nachdem wir unser Einverständnis gegeben und dem SCN-Vorstand signalisiert haben, dass wir den Verein in Richtung Eintracht Norderstedt verlassen möchten, musste Eintracht dann noch mit Hauptverein 1.SC Norderstedt verhandeln. Da habe ich mich dann rausgehalten, damit hatte nichts mehr zu tun. Von den Vertragsdetails wollte ich auch gar nichts von wissen, weil ich unbelastet vom SCN zur Eintracht gehen wollte.“
EN: „Das heißt, du bist dann Gründungsmitglied von Eintracht Norderstedt?“
OB: „Ich gehöre nicht zu denen, die den Verein offiziell gegründet haben. Das ging ja nicht, weil ich damals erstmal die Interessen der Fußballer des 1.SC Norderstedt vertreten musste. Aber ich war dann von Anfang an dabei, ja.“
EN: „Den Posten als Fußball-Obmann gibt es bei Eintracht Norderstedt als reinen Fußballverein ja nicht…“
OB: „… und dann hat man mich gefragt, ob ich nicht im Liga-Bereich was machen möchte, ob ich mir nicht vorstellen könnte, statt Fußball-Obmann die Liga-Mannschaft zu unterstützen. Wir fingen damals auf Hamburger Ebene in der Kreisliga an. Das war vom Aufwand her alles völlig überschaubar, da habe ich sofort zugesagt. Ich bin es gewohnt, etwas für den Sport zu tun, also kann ich jetzt auch für Eintracht was tun. Das hat sich dann Jahr für Jahr weiterentwickelt und wurde immer mehr…“
„Der Unterschied von Oberliga zu Regionalliga ist riesig“
EN: „Hast du damals auch gleich die weiteren Jobs übernommen, die du heute machst?“
OB: „Das ganze Drumherum habe ich von Anfang an getan, aber es war auf einem ganz anderen Level. Es wurde von Jahr zu Jahr mehr. Einen Sicherheitsbeaufragten gab es zum Beispiel nicht, das ist erst ab der Regionalliga Anforderung. Irgendwann kamen wir in die Bredouille und haben uns gefragt „was passiert, wenn wir aufsteigen?“ Denn der Unterschied an die Anforderungen von Oberliga zu Regionalliga ist riesig.“
EN: „Zum Beispiel?“
OB: „Es gab für uns viele neue Aufgaben, die wir alle intern verteilen mussten. Ich habe dann eben die Aufgabe des Sicherheitsbeauftragen übernommen. Und auch die Spieltagsorganisation ist deutlich aufwändiger.“
EN: „Ob du Kreisliga oder Oberliga spielst, ist, was die organisatorischen Anforderungen angeht, relativ identisch?“
OB: „Ja, die Anforderungen waren dieselben, es war Staffel für Staffel das gleiche, du hast nur andere Gegner gehabt. Ich habe mich im Endeffekt nur darum gekümmert, dass wir andere Banderolen haben, weil sich die Eintrittspreise von Liga zu Liga geändert haben.“ (lacht) „Das war wirklich alles sehr übersichtlich. Ich war eine, vielleicht anderthalb Stunden vor Spielbeginn hier, habe das eben fertig gemacht und die Kasse aufgemacht und dann war es das. Da habe ich ja teilweise noch selbst kassiert. Irgendwann ging es dann aber nicht mehr, weil ich am Spieltag ja auch noch andere Dinge zu tun habe.“
EN: „Der gravierende Einschnitt ist dann wirklich zwischen Oberliga und Regionalliga?“
OB: „Das ist eine ganz andere Welt. In dem Moment hast du es erst gemerkt, was es bedeutet, Regionalliga zu spielen. Das ist ein Drumherum, da bräuchte man eigentlich Hauptangestellte für.“
„Ich kann verstehen, wenn ein Oberliga-Club auf den Aufstieg verzichtet“
EN: „Das heißt du hast aus organisatorischer Sicht schon Verständnis dafür, wenn ein Top-Oberliga-Klub auf den Aufstieg verzichtet, weil ihnen der Sprung zu groß ist?“
OB: „Ja, absolut. Kann ich verstehen. Der Schritt kostet erstmal eine ganze Stange Geld, wenn du plötzlich zu jedem Auswärtsspiel mit dem Bus fahren musst. Das ist was anderes als nur in Hamburg zu spielen. Und der Arbeitsaufwand ist durch die gestiegenen Anforderungen riesengroß.“
EN: „Was fällt da allgemein an Mehraufwand an gegenüber der Oberliga?“
OB: „Es geht damit los, dass du dazu gezwungen bist, einen personifizierten Ordnungsdienst zu haben. Das heißt du musst die Ordner namentlich beim Ordnungsamt melden, wo die dann auch durchleuchtet werden, ob die überhaupt als Ordner geeignet sind. Für ein paar Sachen kann man eigene Leute nehmen, wenn man sie ordentlich einweist. Aber für vieles wie Eingangskontrolle eben auch nicht. Ich musste selbst erstmal eine Sicherheitsschulung vom NFV machen, um das hier machen zu dürfen. Ich muss zwei Mal im Jahr nach Bremen fahren, um mir da die Sicherheitsgeschichten anzuhören.“
EN: „Das ist aber nicht alles.“
OB: „In der Zwischenzeit hat die Oberliga nachgezogen mit Spielberichten und allem drum und dran. Es geht um Polizei, Rettungsdienste, Ordungsamt, mit denen ich mich jedes Mal abstimmen muss, was bis zur Oberliga nicht der Fall war. Es ist nicht mehr so, dass du die Tür aufmachen und sagen kannst „hier ist Eintracht, kommt rein, los geht’s!“ Für einen Außenstehenden ist der Aufwand dahinter nicht zu erkennen, kann auch keiner…“
EN: „… und genau deswegen machen wir ja diese Interviews um mal auf zu zeigen, was auf den verschiedenen Ebenen dahintersteckt. Und wo wir gerade bei dem Unterschied von Oberliga zu Regionalliga sind… magst du den Sommer 2013 mal aus deiner Sicht beschreiben?“
OB: „Wie waren Tabellenfünfter, als kurz vor Saisonende plötzlich die Mitteilung kam, dass der Tabellenführer FC Elmshorn aus finanziellen Gründen nicht aufsteigen konnte und es aus Hamburg keinen Verein gibt, der an der Aufstiegsrunde teilnehmen will. Da hat man dann uns gefragt, ob wir wollen würden, da die Vereine, die in der Tabelle vor uns lagen, nicht gemeldet hatten. Wir hatten schon vor der Saison gesagt, dass wir, wenn wir uns qualifizieren, das auch wahrnehmen wollen.“
EN: „Hattet ihr da zumindest etwas Vorlauf? Oder kam das für alle plötzlich und unerwartet?“
OB: „Es wurde schon gemunkelt, so dass wir vorgewarnt waren. Sonst hätte es auch nicht funktioniert, weil wir ja auch die Jungs zusammen haben mussten. Und kurz vor dem Start zu Aufstiegsrunde haben die dann tatsächlich zurückgezogen. Wir sind dann in die Bresche gesprungen und haben gesagt „wir gehen das Abenteuer ein“.“
EN: „Und du musstest dann in kürzester Zeit die Aufstiegsspiele organisieren?“
OB: „So sieht das aus. Wobei es aber nicht so aufwändig war, wir hatten ja eine fertige Anlage, da der HSV zuvor auf unserer Anlage seine Regionalliga-Spiele ausgetragen hat und unser Stadion daher schon Regionalliga-tauglich war. Von daher brauchten wir gegenüber dem Oberliga-Alltag nur einen Ordnungsdienst, den wir über unsere Kontakte zum HSV dann mit “Power“ bekommen haben.“
EN: „Das heißt, der organisatorische Aufwand war gar nicht so dramatisch, wie man bei der Kurzfristigkeit vermuten würde?“
OB: „Nein, gar nicht. Es war ja nur ein Heimspiel, für die anderen beiden Spiele mussten wir nur die Anfahrt organisieren und das war es. Es war kein großer Aufwand.“
EN: „Es hat aber in der Kurzfristigkeit nur funktioniert, weil der HSV hier vorher als Mieter und das Stadion dadurch schon Regionalliga-tauglich war, oder?“
OB: „Klar, das ist uns sehr entgegen kommen. Aber auch so war es nichts, was nicht hinzukriegen gewesen wäre. Ich mache das ja schon ein paar Jahre und habe mir die NFV-Unterlagen in Ruhe angeguckt, da war jetzt nichts bei, was uns vor unlösbare Probleme gestellt hätte.“
EN: „Musstet ihr Spieler aus dem Urlaub zurück holen für die Aufstiegrunde?“
OB: „Dadurch dass das Schwert schon länger über Elmshorn schwebte, war allen klar, dass da was passieren könnte. Das war ja für alle Spieler ein absolutes Highlight, da wollte jeder dabei sein. Es war ja ein Geschenk, mit dem keiner mehr gerechnet hat.“
EN: „Und dann kommst du da als Außenseiter hin und rockst das Ding.“
OB: „Wir waren klarer Außenseiter, da hat keiner mit gerechnet, dass wir aufsteigen. Wir hatten ja auch einen klaren Plan im Verein und hatten uns eher vorgenommen, für das nächste Jahr eine Mannschaft zusammen zu stellen, die um den Aufstieg mitspielen kann. Und plötzlich sind wir in der Aufstiegsrunde. Die Mannschaft hat sich dann auch selbst belohnt, in dem sie das erste Spiel gewonnen hat, das zweite Spiel auf neutralem Boden gewonnen hat und damit nach zwei von drei Spielen aufgestiegen war.“
„Der DFB-Pokal ist eine andere Welt“
EN: „Ein großes Thema für dich war sicherlich auch der DFB-Pokal, das ist ja nochmal eine ganz andere Welt als die Regionalliga.“
OB: „Ja, klar.“ (holt tief Luft) „In dem Moment begibst du dich wirklich in eine andere Welt. Da hast du den DFB, das hast du das Fernsehen, da musst du dich um so vieles mehr kümmern. Unser Präsident musste dafür ja extra nach Frankfurt fliegen um sich einen Überblick zu verschaffen, was da überhaupt Sache ist. Und dann mussten wir hier erst einmal die Aufgaben verteilen. Da ist dann auch für mich ein bißchen was abgefallen.“ (lacht)
EN: „Aber da ist, glaube ich, für jeden etwas abgefallen, oder?“
OB: „Es war genug Arbeit für alle da, ja. Das kannst du auch nur im Team hinkriegen. Aber es muss natürlich schon ein, zwei Leute geben, bei denen alles zusammenläuft, sonst kann es nicht funktionieren. Das Fernsehen sagt dir, wo es lang geht.“
EN: „Du bist im DFB-Pokal fremd gesteuert und versuchst eigentlich nur, es allen recht zu machen?“
OB: „Ja, so sieht das aus. Sky hat da die Oberhand. Ich kann glücklicherweise sehr gut mit dem Kollegen von Sky. Wenn man auf der Ebene gut miteinander klarkommt, kann man vielleicht auch mal die ein oder andere Sache umgehen. Es ist wirklich etwas völlig anderes, du bewegst dich im eigenen Stadion wie ein Fremder.“
EN: „Wenn ich schon sehe, dass alles abgedeckt und unser Stadion quasi unkenntlich gemacht wird…“
OB: „Das sind alles DFB-Vorgaben. Es gibt einen Hauptsponsor für den DFB-Pokal und ein paar Nebensponsoren und dann ist Schluß. Im ersten DFB-Pokal-Spiel wollte ich zum Beispiel nicht, dass der Name „Edmund-Plambeck-Stadion“ abgedeckt wird. Mussten wir aber zulassen, da hast du keine Chance.“
EN: „Der Name des Stadions muss abgedeckt werden? Edmund Plambeck ist bzw. war doch eine Person und kein Sponsor? Da steckt ja auch kein Logo hinter?“
OB: „Die haben mir ganz klar gesagt: „Klebt ihr das nicht ab, findet hier nichts statt. Ganz einfach.“
EN: „Du erlebst mich gerade etwas sprachlos. Man muss doch auch mal die Kirche im Dorf lassen…“
OB: „Die bringen den Namen des Stadiongebers mit der Firma Plambeck in Verbindung, damit ist es Werbung… und wenn die das so sehen, haben wir uns zu fügen. Es ist halt eine andere Welt.“
EN: „Beim zweiten Mal lief es aber sicher entspannter.“
OB: „Klar, du wusstest ja schon, was auf dich zukommt. Es ist ja nichts anderes als beim ersten Mal. Eigentlich habe ich das ja auch schon drei Mal begleitet, als BU hier im DFB-Pokal gegen den SC Freiburg gespielt hat, war ich ja auch dabei. Das einzige, was mich im DFB-Pokal noch stören könnte, ist Bayern München. Das soll vom Hörensagen her noch einmal eine ganz andere Nummer sein. Aber ansonsten kann mich da nichts mehr erschüttern.“
EN: „Wie sieht es von deiner Seite mit dem Arbeitsaufwand für ein DFB-Pokal-Spiel aus?“
OB: „Das kann man nicht in Stunden ausdrücken. Du hast wesentlich mehr zu tun, es ist ja ständig was, was erledigt werden muss, auch zwischendurch, die Abrechnung nachher… Es ist bestimmt das dreifache von dem, was du sonst an Aufwand hast, weil wirklich von überall Anfragen kommen und du wirklich aufpassen musst, dass du an alles denkst. Wie gesagt, mich kann nur noch Bayern aus der Kurve schmeißen.“
„Ich habe vor 45.000 Zuschauern in China gespielt“
EN: „Was sind in deiner Fußball-Zeit Dinge, die im Kopf hängen geblieben sind?“
OB: „Es gibt ein Ereignis, das absolut hängen geblieben ist: ich bin als Jugendlicher mit dem 1.SC Norderstedt nach China geflogen. Der damalige Betreuer beim 1.SC Norderstedt hatte immer erzählt, dass es sein Traum sei, mit einer Jugendmannschaft vom SCN nach China zu fliegen. Wir haben ihm natürlich immer gesagt, dass er aufhören soll, so rumzuspinnen, aber er ließ sich nicht davon abbringen. Und dann kam er wirklich eines Tages an und sagte ‚Ich habe das mit allen klar gemacht, mit dem DFB, mit dem Auswärtigen Amt, mit allen. Wir, die 1. A-Jugend, fahren nach China.‘ Ich war damals in der 2. A-Jugend. Und da ich da immer voran gegangen bin, hat mich mein damaliger Trainer gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mit der 1.A-Jugend nach China zu fliegen. Dann habe ich meine Eltern gefragt – das war ja auch eine finanzielle Sache – und mein Vater meinte nur ‚natürlich machen wir das, wenn du das möchtest.‘ Und dann sind wir nach China geflogen.“
EN: „Wie lief das dann in China?“
OB: „Wir sind zuerst nach Frankfurt geflogen und von da mit Zwischenstop in Neu-Delhi nach Peking. In Neu-Delhi war es aber nur ein Tankstopp, da mussten wir im Flieger bleiben. Als wir in China angekommen sind, wurden wir empfangen, als wären wir die Nationalmannschaft. Das war wohl ein Mißverständnis, sonst wäre das wohl so gar nicht zustande gekommen.“ (lacht) „Und so waren wir die erste Jugend-Vereinsmannschaft, die nach China flog. Bis dahin gab es nur Länderspiele. Eigentlich hatten wir auch die Anweisung im Hotel zu bleiben und uns nicht selbständig dort zu bewegen. Dort versteht einen ja keiner und lesen konnte wir die chinesische Schrift auch nicht. Aber wie Jugendliche halt so sind, sind wir zu fünf nachts aus dem Hotel ausgebüxt und wollten Peking unsicher machen. Wir sind aber nicht weit gekommen, plötzlich stand die Polizei vor uns und hat uns zurückgebracht, weil man uns als vermisst gemeldet hat.“ (lacht)
EN: „Wie lange wart ihr in China?“
OB: „Wir waren da 17, 18 Tage und haben fünf Spiele gemacht. Davon wurden drei Live im chinesischen TV übertragen. Unser erstes Spiel war im Nationalstadion von Peking vor 45.000 Zuschauern. Da hatten wir ganz schön Kötel in der Hose… Unser zweites Spiel war gegen eine Landesauswahl, da war der Platz knöcheltief unter Wasser. Da haben wir nur gespielt, weil das Spiel live im Fernsehen übertragen wurde. Eigentlich hätte man da gar nicht spielen können. Das war zur damaligen Zeit ein Bringer, das Spiel war mit 20.000 Zuschauern im Stadion ausverkauft.“
EN: „Obwohl Euch keine Sau kannte?“
OB: „Keine Sau kannte uns. Wir wurden angepriesen als deutsche Junioren-Nationalmannschaft.“ (lacht)
EN: „Gibt es davon Videoaufnahmen? Hast du das Spiel später mal gesehen?“
OB: „Ich hatte mal Videokassetten davon. Es gab damals viel darüber, das war auch hier in Norderstedt ein großes Thema. Ich hatte dann noch den Vorteil, dass wir in dem Spiel zwei Tore geschossen haben und ich habe das erste gemacht. Vor über 20.000 verrückten chinesischen Fans, die einen dafür bejubelt haben, Wahnsinn. Wir haben da alles gesehen. Wir waren an der Chinesischen Mauer, das war sagenhaft. Der Präsident des Fußball-Verbandes hatte uns sogar noch eingeladen, nach Schanghai zu kommen. Aber wir hatten leider nicht so viel Zeit, so dass wir das nicht annehmen konnten. Das ist mein Highlight, das thront über allem und ist eine Sache, die mir keiner mehr nehmen kann. Was meinst du, wie die uns da drüber angeguckt haben? Als ob wir von einem anderen Stern sind. Das hat mich natürlich auch geprägt und noch enger an den Verein heranwachsen lassen, wenn du zu so etwas mitgenommen wirst, weil von der 1.A-Jugend welche nicht mitkonnten… deswegen gibt man dann natürlich auch gerne mal was an den Verein zurück.“
EN: „Du bist seit 45 Jahren im Verein – welche Bedeutung hat Eintracht Norderstedt für dich, was verbindest du mit dem Verein?“
OB: „Der Fußball gehörte schon immer zu meinem Leben. Ich habe schon immer Fußball gespielt, war früher eine Zeit lang auch Schiedsrichter, bis ich keinen Bock mehr darauf hatte. Ich habe fast mein gesamtes Leben in diesem Verein verbracht. Ich kann dir ehrlich gesagt nicht sagen, wie ein Leben ohne Fußball ist. Ich weiß es einfach nicht. Außer vielleicht Sommerpause und mal ein spielfreies Wochenende.“
EN: „Sommerpause ist dann auch nichts für dich, oder?“
OB: „Das ist nach einer Weile schon ganz schön hart, ja. Oder war es zumindest früher. Mittlerweile genieße ich die Zeit ohne Fußball. Es gibt mittlerweile auch andere Dinge, die ich gerne mache, wenn ich mal nicht an Fußball denke.“
„Vielleicht müssen auch mal jüngere ran“
EN: „Aber geht das bei dir lange gut?“
OB: „Ich weiß es nicht… aber wer weiß, vielleicht werde ich auch irgendwann mal Fußball-müde, das ist natürlich auch mal möglich nach all den Jahren. Ich kann es dir echt nicht sagen. Ich habe ja alles erlebt, alles mitgemacht. Das einzige was noch kommen könnte und eine Veränderung bedeuten würde, wäre ein Aufstieg in die 3. Liga. Aber den würde ich nicht mitmachen, dazu fehlt mir die Zeit und meinen Job kann ich nicht aufgeben. In der 3. Liga brauchst du jemanden, der das hauptberuflich macht und das kann ich nicht. Ich bin jetzt 26 Jahre bei der Firma Plambeck, dafür würde ich meinen Job nicht aufgeben. Bis hierhin ist alles okay, bis hierhin geht es.“
EN: „Eine Eintracht ohne Olaf ist aber nur schwer vorstellbar…“
OB: „Aber vielleicht müssen irgendwann auch mal jüngere ran. Ist vielleicht auch nicht verkehrt. Ich werde jetzt 54 Jahre alt… ich habe kein Problem, da mal jemanden ranzuführen, der sich das vorstellen kann, sofern der Verein das absegnet. Also wenn mal einer will… außer 3. Liga habe ich ja alles erlebt.“
EN: „… was du ja aber zeitlich nicht hinbekommst. Und wenn du dir jemanden ranziehst, mit dem du dir den Job teilst? Wäre es dann eine Option, so einen Weg im Falle eines Falles mitzugehen?“
OB: „Puh… das müsste man sehen. Ist aber alles sehr theoretisch, wir müssen ja erst einmal sehen, dass wir dieses Jahr die Klasse halten… aber das wäre sicherlich eine denkbare Variante, wenn die geringere Arbeit, der geringere Aufwand, bei mir liegt. Ich würde ja auch nicht verschwinden, sondern immer begleiten und aushelfen und mit Rat und Tat zur Seite stehen. Aber ich muss nicht in der ersten Reihe stehen, echt nicht.“
EN: „Hast du noch Ziele oder Wünsche für oder mit Eintracht Norderstedt?“
OB: „Ich würde es dem Verein wirklich gönnen, wenn er mal ein Jahr in der Regionalliga ganz gesichert ohne Schwankungen oben mitspielt. Und vielleicht wirklich mal an der Tür zur 3. Liga anklopfen. Und ich würden gerne nochmal im DFB-Pokal spielen. Eine Runde weiterkommen wäre natürlich schön, aber einfach dabei sein und mal mit einem richtigen attraktiven Los belohnen. Eintracht Norderstedt wird ja in Hamburg leider sehr verschmäht und ist für einige Leute scheinbar ein rotes Tuch. Wir sind da ja nie so richtig angekommen. Ich weiß nur nicht wieso, weshalb, warum. Einige sind ja immer noch der Meinung, dass wir Kohle ohne Ende haben. Das ist ja alles Blödsinn. In Hamburg gibt es eine einzige Person, die es geschafft hat, dem Fußball über all die Jahre treu zu bleiben. Wo sind die denn die Konsorten Einsath (Anm.: Uwe Einsatz, langjähriger Mäzen des SV Lurup) & Co. die früher groß waren. Wo sind die denn heute? Alle nicht mehr da. Der einzige, der noch da ist, ist Horst Plambeck. Weil er seriös arbeitet und nicht über seine Verhältnisse lebt und irgendwelche Kapriolen schlägt. Und der Verein wird auch weiterhin solide bleiben und im Rahmen seiner Möglichkeiten arbeiten.“
EN: „Wie siehst du die aktuelle Saison?“
OB: „Ich würde mir wünschen, dass wir eine vernünftige Regionalliga Saison spielen, ohne Angst haben zu müssen, unten rein zu rutschen. Es können ja dieses Jahr bis zu fünf Mannschaften absteigen (Anm.: falls Eintracht Brauschweig und der SV Meppen aus der 3. Liga absteigen und der Regionalliga Nord-Meister nicht aufsteigt). Die Liga ist dieses Jahr verdammt eng, das muss man höllisch aufpassen. Es gibt keinen aus der Kategorie Kanonenfutter, jeder kann jeden schlagen. Das sind alles Sachen, die es so in den Jahren zuvor nicht gab, wo wir aufpassen müssen. Es ist ein ganz schmaler Grat.“
EN: „… und notfalls muss man dann nochmal auf dem Transfermarkt zuschlagen. Was mich zu den Abschlußfragen bringt: Wenn du für Eintracht Norderstedt einen deutschen Spieler deiner Wahl holen könntest… wer wäre das?“
OB: „Kann ich dir nicht sagen… was soll ich mit so Riesen-Fußballern hier… das würde hier nicht reinpassen, das würde nichts bringen. Dann lieber einen richtig guten Amateur-Fußballer. Aber einen Thomas Müller oder so… ist eine Ikone, würde man nehmen, klar, aber ob das passen würde? Ich könnte dir da keinen nennen.“
„Wir müssen versuchen, die Leute durch Leistung zu überzeugen“
EN: „Unsere Standard-Abschlussfrage stellen wir natürlich auch an dich: Wenn einer fragt: ‚Warum soll ich zu Eintracht Norderstedt kommen, wenn ich auch HSV/St. Pauli haben kann‘ was sagst du ihm?“
OB: „Hier siehst du Jungs, die unter der Woche zur Arbeit gehen, nach der Arbeit zum Training kommen und am Wochenende spielen. Das ist noch richtiger, ehrlicher Fußball. Deswegen würde ich mir, unabhängig von Eintracht Norderstedt, immer lieber Amateur-Fussball angucken als Profi-Fußball. Die ackern im Amateur-Bereich noch richtig im Rahmen ihrer Möglichkeiten und reißen sich den Arsch auf. Und die da oben tun den ganzen Tag nichts anderes als Fußball spielen. Und diese Jungs: tagsüber malochen und abends auf den Acker, vier Mal die Woche, am Wochenende in den Bus setzen und quer durch die Gegend fahren. Das kann man gar nicht hoch genug einschätzen, was die Jungs leisten. Das gilt aber für alle Amateur-Fußballer. Mir tut es in der Seele weh, dass der Amateur-Fußball Zuschauer verliert, weil da oben ein paar hochbezahlte Leute rumlaufen und zu Zeiten spielen, mit denen der Amateur-Fußball kaputt gemacht wird. Wir sind zuschauer-technisch HSV-lastig. Wenn die parallel zu Hause spielen, fehlen uns die Zuschauer. Das lässt sich an unseren Zahlen sehr gut erkennen. Weil die Leute sich vom Profi-Fussball blenden lassen. Das ist aber in Norderstedt schon immer ein Problem gewesen, du hast immer ein Problem mit den Zuschauerzahlen. Die ist leider zu gering für den Aufwand, der hier betrieben wird. Aber dafür ist Norderstedt auch gevierteilt. Glashütte, Friedrichsgabe, Harksheide, die gehen ungern zu Eintracht Norderstedt.
EN: „Es ist auffallend Garstedt-lastig.“
OB: „Zum einen das, zum anderen sind wir halt auch verschrien, warum auch immer.“
EN: „Schade, dass man nicht so richtig greifen kann warum, dass man da mal positiv gegenan arbeiten kann.“
OB: „Das ist so in den Leuten drin, da hast du keine Chance gegenan zu kommen. Das Problem, dass wir zuschauermäßig nicht wahrgenommen werden, hatten wir schon beim SCN und das gilt jetzt auch für Eintracht. Weil sie alle denken, dass wir die Millionarios sind. Was natürlich Blödsinn ist. Aber es sagt dir ja auch keiner ins Gesicht. Ansonsten würde ich denjenige gerne mal einladen, mich eine Woche zu begleiten und sich das mal anzugucken und dann können wir uns nochmal drüber unterhalten. Denn wenn du hier mal hinter die Kulissen schaust, sind wie genau das Gegenteil.“
EN: „Das sieht man ja schon daran, wieviele Leute hier fest angestellt sind und wie viele bei anderen Vereinen fest angestellt sind… da ziehen wir klar den Kürzeren.“
OB: „Genau das. Nur weil wir einen Herrn Plambeck in der Hinterhand haben, der uns ab und zu mal unterstützt, dass wir diese Anlage überhaupt unterhalten können… Das sehen die meisten ja gar nicht, was es bedeutet, diese Anlage zu unterhalten. Aber nach außen wird es immer so dargestellt, als ob wir die Kohle zum Fenster rauswerfen. Wir können es auch nicht mehr ändern, wir müssen es so nehmen wie es kommt und versuche, die Leute durch Leistung zu überzeugen.“