Luca Jürgensen (Juni 2022)
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Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Luca Jürgensen als erster Eintracht Norderstedt-Hauptschiedsrichter in den Profi-Bereich befördert wurde und fortan in der 3. Liga pfeifen darf. Zudem wird er als Schiedsrichter-Assistent in der 2. Bundesliga fungieren. Wir haben uns mit Luca über diesen Karrieresprung unterhalten.
EN: „Erst einmal herzlichen Glückwunsch zu deinem Aufstieg, Luca. Wir haben vor anderthalb Jahren das letzte Mal gesprochen, als du gerade als Schiedsrichter-Assistent in die 3. Liga aufgestiegen bist. Parallel hast du weiterhin Regionalliga gepfiffen. Dein Vereinskollege Clemens Neitzel-Petersen hat schon damals prophezeit, dass du im Profi-Fußball als Schiedsrichter Fuß fassen wirst. Jetzt steigst du nach nur 17 Regionalliga-Spielen als Schiedsrichter tatsächlich bereits in die 3. Liga auf. Was hat sich seitdem für Dich verändert?“
LJ: „Die 3. Liga ist noch einmal etwas anderes als die Regionalliga. Es ist alles nochmal deutlich professioneller geworden. Die Spielvorbereitung, das eigene Training, die ganzen Abläufe mit der Anreise am Tag vorher. Dazu ist am Spieltag selbst der gesamte Umgang ein anderer, insbesondere mit dem Thema Fernsehen. Dort steht man ganz anders unter Beobachtung, die Entscheidungen, die man trifft, sind ganz anders überprüfbar. Das sorgt aber natürlich auch dafür, dass man selbst noch einmal ganz anders reflektieren und damit arbeiten kann, daraus seine eigenen Schlüsse zieht und sich selbst weiterentwickelt. Das hat mir selber sehr geholfen, mal zu schauen, ob die Entscheidungen, die ich als Assistent treffe, richtig sind oder nicht und hat sehr dazu beigetragen, dass ich mich in der Assistenten-Tätigkeit noch einmal verbessern konnte. Als Schiedsrichter in der Regionalliga habe ich natürlich auch mit der zunehmenden Anzahl an Spielen eine andere Sicherheit bekommen, ein anderes Selbstbewusstsein im Auftreten. Ich glaube, ich habe auch meine Kommunikation nochmal verbessert. Man reift als Schiedsrichter und das verbessert das gesamte Auftreten.“
EN: „Du hast in den letzten Jahren bereits 28 Spiele als Schiedsrichter-Assistent in der 3. Liga gemacht. Wie hast du deine ersten beiden Jahre im Profi-Fußball erlebt? Das ist ja schon etwas anderes als Regionalliga, insbesondere seit wieder Zuschauer zugelassen sind.“
LJ: „In erster Linie ist das Spiel in der 3. Liga deutlich schneller. Wir haben das Fernsehen, wir haben andere Zweikämpfe, eine andere Zweikampfhärte. Im ganzen Umgang miteinander merkt man, dass die Spieler und Trainer wirklich Profis sind, die sich den ganzen Tag mit nichts anderem als Fußball beschäftigen. Und dann muss man natürlich für sich selbst schauen, dass man das mit dem Job, den man ja noch nebenbei hat, unter einen Hut bringen kann und sich trotzdem bestmöglich auf die Spiele vorbereitet. Trotz Corona hatte ich einige Spiele, wo viele Zuschauer da waren. Ich habe das als sehr spannend wahr genommen, das hat wirklich Spaß gemacht. Auch, sich selber über Magenta Sport oder die Sportschau nochmal zu sehen, ist klasse. Ich habe für Konrad Oldhafer, der ja auch aus Hamburg kommt, als Assistent zu fungiert. Da habe ich auch nochmal viel mitgenommen bei jemandem, der selbst auch noch ein junger Schiedsrichter in der 3. Liga ist.“
EN: „Du hast gerade die Vorbereitung angesprochen. Wie bereitet sich ein Schiedsrichter denn bestmöglich auf eine Partie vor?“
LJ: „Die Vorbereitung ist ein sehr wichtiges Thema, dass in der 3. Liga noch professioneller wird. Fitness und Konzentration sind natürlich die Grundlagen, man muss sehen, dass man da mental richtig unterwegs ist. Gerade kurz vorm Spiel muss man dann sehen, ob man ein wenig Anspannung braucht oder eher ein wenig Entspannung. Dazu haben wir natürlich mit dem Videomaterial auch noch einmal ganz andere Tools zur Verfügung. Dazu gehört es zu gucken, wie die Mannschaften spielen, wie sie in der Fairnesstabelle stehen. Es hilft auch, sich Spiele der Mannschaften mal live anzuschauen, wenn es möglich ist, um sich taktische Einstellungen anzugucken oder auffällige Spieler zu erkennen. Wichtig ist dabei, vorbereitet zu sein, aber nicht voreingenommen.“
EN: „Wo lagen für dich die Herausforderungen als Assistent, wenn man ansonsten hauptsächlich als Haupt-Schiedsrichter aktiv war?“
JL: „Es ist schon etwas anderes. Als Assistent muss man draußen anders agieren, als man das vielleicht als Schiedsrichter tut, da man hier natürlich nur eine unterstützende Rolle einnimmt. Ich muss genau gucken, wo der Schiedsrichter steht, was hat er gesehen, was hat er nicht gesehen, wo kann ich ihn unterstützen. Besonders wichtig ist eine gute Kommunikation miteinander, dass man als Team eingespielt ist. Zudem ist, wie schon angesprochen, das Spiel deutlich schneller, das macht die Abseitsentscheidungen natürlich auch nochmal deutlich enger. Da muss man sich natürlich erst einmal dran gewöhnen, weil es in so einer Spielklasse von Situationen zu Situationen sehr schnell geht und man das auch im Kopf verarbeiten und mitkommen muss, um die richtigen Entscheidungen zu treffen.“
EN: „Obwohl du die letzten beiden Jahre als Assistent in der 3. Liga aktiv warst, bekommst du nun die Chance, auch im Profi-Fußball die Schiedsrichterlaufbahn einzuschlagen – oftmals muss man sich ja frühzeitig auf eine der beiden Laufbahnen festlegen. Wie hat sich dieser Wechsel von der Seitenlinie aufs Feld ergeben?“
JL: „Ich war ja weiter Schiedsrichter in der Regionalliga und dort im Perspektivkader für die 3. Liga, so dass es natürlich auch mein Ziel war, als Schiedsrichter in die 3. Liga zu kommen. Ich habe mit der zunehmenden Erfahrung und den Lernfeldern, die man hat, hart daran gearbeitet und letztendlich nach einer für mich, glaube ich, sehr erfolgreichen Regionalliga-Saison jetzt die Chance bekommen, nächste Saison in der 3. Liga Partien leiten zu dürfen. Da freue ich mich besonders drauf, aber natürlich auch, als Assistent in der 2. Bundesliga unterwegs zu sein und neue Erfahrungen sammeln zu dürfen.“
EN: „Wie hast du von deinem Aufstieg erfahren und was waren deine ersten Gedanken?“
JL: „Christian Soltow, der Vorsitzende Schiedsrichter im Hamburger Fußballverband hat mich angerufen, anschließend haben sich Michael Weiner, der Vorsitzende im Schiedsrichterausschuß des Norddeutschen Fußballverbandes, und schließlich vom DFB Florian Meyer, der für die Schiedsrichter der 3. Liga zuständig ist, gemeldet. Es ist auf jeden Fall ein unbeschreibliches Gefühl, weil man wirklich sagen kann, dass es ein Traum war, der in Erfüllung gegangen ist. Ich bin jetzt Schiedsrichter seit über 13 Jahren und habe davon geträumt, irgendwann mal das DFB Logo tragen zu dürfen. Dass es jetzt soweit ist, ist unbeschreiblich. So ganz kann ich es immer noch nicht fassen.“
EN: „Wo liegen auf dem Feld deine Stärken?“
JL: „Für mich ist immer wichtig, mit allen Spielern und Trainern auf Augenhöhe zu kommunizieren und das man merkt, dass es ein Miteinander ist. Für mich ist das Thema Kommunikation das Wichtigste und ich glaube, ich sehe auch für mich selber meine Stärken im Auftreten und im Miteinander. Man muss eine Autorität sein, ohne autoritär aufzutreten, die Entscheidungen auf eine ruhige und gelassene Art und Weise durchzusetzen und die Spieler da mitzunehmen. Ich glaube, das kommt immer ganz gut an, zumindest habe ich das so wahr genommen.“
EN: „Zwei Schiedsrichter im Profi-Fußball ist für einen kleinen Verein wie Eintracht Norderstedt natürlich großartig. Aber aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei. Gibt es noch weitere Schiedsrichter-Talente bei Eintracht, denen man den großen Sprung zutrauen könnte?“
JL: „Ich hoffe, dass es Dominik Kopmann (22) noch schaffen wird, der schon lange Jahre bei mir winkt, ich glaube seit der Landesliga oder sogar Bezirksliga und zuletzt schon Regionalliga gewunken hat. Er ist auch schon sehr jung Schiedsrichter geworden und hat schon Spiele in der Landesliga und Oberliga gepfiffen. Ich traue ihm auf jeden Fall den Sprung zu und drücke die Daumen. Vielleicht klappt es ja irgendwann, dass drei Schiedsrichter von Eintracht Norderstedt zusammen ein großes Spiel leiten, das wäre natürlich überragend.“
EN: „Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg, Luca!“